Ayurveda-Kuren: Wege zur Gesundheit oder Risiko?

immanuel-naturheilkunde-blog-ayurveda-wege-zu-gesundheit-oder-risikoDer Sommer hat sich verabschiedet und es bricht die Zeit an, in der es viele Menschen in wärmere Gefilde zieht, um z.B. eine Ayurveda-Kur unter tropischer Sonne zu machen. Patienten in unserer neuen Praxis mit Schwerpunkt Naturheilkunde und Ayurveda berichten uns hin und wieder von ihren Erfahrungen mit Ayurveda-Kuren in Indien oder Sri Lanka.  Manche fragen sich, wo sie  „sicher“ eine Ayurveda-Kur in den Ursprungsländern machen können, gerade auch vor dem Hintergrund der Berichte über die möglichen Gefahren von Ayurveda-Medikamenten.

Im letzten Jahr, als eine deutsche Patientin mit einer Schwermetallvergiftung von einer Ayurveda-Kur in Sri Lanka zurückkehrte, war in den Medien plötzlich die Rede von „Pillen aus der Hexenküche“ und Ärzte warnten vor Ayurvedakuren und -behandlungen. Dem gegenüber stehen weiterhin außerordentlich positive Medienberichte über die Wirkung von Ayurveda.

Grundsätzlich habe ich ganz persönlich ein tiefes Vertrauen in die traditionelle Ayurveda-Medizin und bislang sehr positive Erfahrungen mit Ayurveda gemacht. Mein Leben ist in den letzten Jahren stark bereichert worden um diesen Schatz des „Wissens vom Leben“, so die wörtliche Übersetzung von Ayurveda. Umso mehr dachte ich nach den Medienberichten beunruhigt darüber nach, dass auch ich ayurvedische Präparate eingenommen hatte – nicht nur in Sri Lanka, sondern auch während meiner Aufenthalte in Indien und anschließend in Deutschland. Ich nahm mir vor, meinen nächsten Sri Lanka Aufenthalt zu nutzen, um nachzuforschen.

Vor Ort treffe ich mich mit dem Ayurveda-Arzt und Forscher Dr. Seneviratne, der als Regierungsmitarbeiter seit mehr als 20 Jahren in der medizinischen Forschung sowie in Kliniken tätig ist. „Sri Lanka ist gerade dabei, die Richtlinien zur Herstellung von Ayurveda-Medizin weiter zu verschärfen“, erläutert mir Dr. Seneviratne. „Bei uns gilt: Hersteller müssen sich bei den Regierungsbehörden registrieren und ihre Lizenz jährlich erneuern. Hotelanlagen benötigen eine zusätzliche Lizenz von der Tourismusbehörde und Prüfungen erfolgen jährlich.“ Dr. Seneviratne rät Touristen, die eine Ayurveda-Kur in Sri Lanka machen möchten, sich vorher zu erkundigen; entweder beim Department of Ayurveda oder bei der Tourismusbehörde, die jetzt eine Liste zertifizierter Ayurveda-Hotels in Sri Lanka herausgegeben hat.

Dr. Seneviratne empfiehlt insbesondere darauf zu achten, dass der Anbieter staatlich registriert ist.  „Interessenten sollten auch direkt beim Anbieter nachfragen und  Zertifikate anfordern. Lassen Sie sich die Qualifikationen des Personals bestätigen. Es sollte ein an der Universität ausgebildeter Ayurveda-Arzt (mindestens mit BAMS-Abschluss = Bachelor of Ayurvedic Medicine) die Konsultation und Behandlungen verantworten.“

immanuel-naturheilkunde-blog-ayurveda-wege-zu-gesundheit-oder-risiko-medikamentenherstellung

Heilpflanzen werden nach traditioneller Art zu pflanzlichen Ayurveda-Medikamenten verarbeitet.

„In der Anlage, wo sich der tragische Zwischenfall im letzten Jahr ereignete, war leider kein ausgebildeter Ayurveda-Arzt registriert und der Anbieter hatte keine staatliche Lizenz“, berichtet mir Priyantha Ratnayake, Resident Manager des Siddhalepa Ayurveda Health Resorts zu der deutschen Patientin mit Schwermetallvergiftung aus dem Spiegel-Artikel. Auch Ratnayake rät allen an einer Ayurveda-Kur in Sri Lanka interessierten Gästen darauf zu achten, dass das Resort oder Hotel in der Liste der registrierten Ayurveda-Einrichtungen aufgeführt ist. „Wir setzen in unserem Resort rein pflanzenbasierte Medizin ein“, so die Aussage von Priyantha. „Unsere Rohstoffe beziehen wir unter anderem von 250 Schuleinrichtungen, die Pflanzen kontrolliert kultivieren. Weitere Pflanzen wachsen hier in Sri Lanka wild im Urwald ohne Einsatz von Chemikalien und werden ohne Zusatzstoffe zu Medikamenten verarbeitet. Die Qualität unserer Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel wird in unserem eigenen Labor stets kontrolliert. Unser ISO-Zertifikat wird jährlich erneuert, und wir sind GMP-zertifiziert“.

[Good Manufacturing Practice (GMP) sind internationale Regelwerke zur Sicherung von Arzneimittelqualität, die Anbau, Ernte, Lagerung, Herstellung und Verarbeitung von Produkten umfassen.]

Das klingt beruhigend. Aber was ist mit den anderen Orten, an denen ich schon Ayurveda-Erfahrungen gesammelt hatte? Nach meiner ersten Ayurveda-Ausbildung wollte ich die traditionelle Heilkunst im Ursprungsland Indien unbedingt selbst erfahren. Mitten im Urwald erlebte ich die Kunst der ayurvedischen Ölmassage-Therapie nach einem ganz speziellen Konzept, das Aufbau und Regeneration in den Mittelpunkt stellt. Dr. Raveendranath betreibt in Kerala ein kleines Zentrum inmitten von Reisfeldern und Kokospalmen. „Ich bin mir über die Problematik völlig im Klaren“, schreibt mir Dr. Ravi auf meine Nachfrage hin, wie er mit eventuellen Unsicherheiten seiner Gäste umgeht. „Wir verwenden überwiegend Kräuterpräparate und legen höchsten Wert auf die strikte Einhaltung der Herstellungsvorschriften. Leider gibt es überall unverantwortliche Menschen, denen das Geschäft wichtiger ist  und die die alten Traditionen missbrauchen.“ Internationale Qualitätszertifikate finden sich in diesem sehr ursprünglich gehaltenen Zentrum nicht, hier überwiegt der Vertrauensaspekt, den Patienten aus dem In- und Ausland Dr. Ravi und seinem Team entgegenbringen.

immanuel-naturheilkunde-blog-ayurveda-wege-zu-gesundheit-oder-risiko-heilpflanzen

Besser nachfragen: Ayurvedische Medikamente sollten zu 100 Prozent aus pflanzlichen Inhaltsstoffen bestehen.

Hotelmanager Joseph aus dem Nattika Beach Resort in der Nähe von Cochin, schreibt mir auf meine Anfrage ebenfalls umgehend zurück und schickt mir Kopien der Resort-Zertifikate. „Wir sind mit dem Green Leaf zertifiziert und werden regelmäßig kontrolliert. Unsere Medizinprodukte  und Öle beziehen wir überwiegend von der in Kerala führenden Pharmazie. 95 Prozent unserer Präparate sind rein pflanzlichen Ursprungs und von guter Qualität.“

Nachdem ich die Einrichtungen in Sri Lanka und Indien befragt habe, bei denen ich schon eigene Erfahrungen gesammelt hatte, möchte ich auch noch die Meinung eines in Deutschland tätigen Spezialisten hören. Markus Ludwig verbindet die traditionelle Kalari-Heilkunst Südindiens, die er über fünf Jahre in Kerala erlernte, mit Ayurveda-Therapien. Danach befragt, was er Menschen rät, die in den Ursprungsländern eine Ayurveda-Kur machen wollen, meint er: „Wichtig finde ich die Frage, ob und wie Präparate auf mögliche Belastungen geprüft werden. Wir lassen unsere Präparate, die wir von einer Pharmazie aus Indien beziehen, doppelt kontrollieren, in Indien und nach ihrer Ankunft in Deutschland. Wir lassen jede Charge einzeln prüfen, um transparent unseren Klienten und Patienten gegenüber sein zu können. Auf Anfrage hin können wir Auskunft über jede einzelne Analyse geben. Ich rate Patienten, immer nachzufragen, welche Präparate bei einer Therapie genau eingesetzt werden. Handelt es sich um Präparate, die nicht zu 100 Prozent pflanzlichen Ursprungs sind, wäre ich vorsichtig, würde um genaue Aufklärung bitten und die Medikamente nur einnehmen, nachdem ich das Risiko gegenüber dem Leiden gründlich abgewogen hätte.“

Mein persönliches Fazit:

  • Es gibt unterschiedliche Meinungen zu Ayurveda-Kuren in den Ursprungsländern. Wichtig ist es, nicht unkritisch jedes Präparat zu schlucken und stattdessen beispielsweise hinsichtlich der Herstellungsbedingungen nachzufragen.
  • Bei einer Ayurveda-Kur in Indien oder Sri Lanka darauf achten, dass die Einrichtung registriert und zertifiziert ist.
  • Holen Sie Informationen ein, um welche Präparate und Inhaltsstoffe es sich handelt.
  • Im Zweifelsfall verzichten Sie lieber auf die Einnahme von Präparaten und legen Sie höchsten Wert auf Sicherheit.

In Deutschland ist die Herstellung und Verabreichung von Präparaten, in denen Schwermetalle enthalten sind, verboten, und sie sind hier auch nicht zu beziehen.

Für diejenigen, die die nicht zu unterschätzenden Belastungen von langen Flügen, Jetlag, Klima und Unsicherheiten bezüglich der Herstellung von Ayurveda-Präparaten in den Ursprungsländern umgehen möchten, gibt es auch in Deutschland sehr gute Möglichkeiten, effiziente und qualitativ hochwertige Ayurveda-Behandlungen zu erfahren. In unserer Praxis Immanuel Medizin Zehlendorf und in der Ayurveda-Ambulanz am Immanuel Krankenhaus Berlin bieten wir fachärztliche Ayurveda-Konsultationen und -Behandlungen, ambulante Reinigungskuren (Panchakarma) sowie spezielle Ayurveda-Programme zur Gesundheitsförderung und Prävention an. Ayurvedische Präparate werden nur nach eingehender ärztlicher Anamnese und im Fall der Notwendigkeit auf Rezept verordnet. Unseren Patienten legen wir nahe, ayurvedische Präparate über Apotheken und nur nach Konsultation mit einem qualifizierten Ayurveda-Arzt zu beziehen.   

Weitere Informationen zu Qualitätsmerkmalen und Zertifikaten bei Ayurveda-Produkten können Sie auf der Internetseite des VEAT (Verband Europäischer Ayurveda-Mediziner und -Therapeuten) einsehen.

Ein Gedanke zu „Ayurveda-Kuren: Wege zur Gesundheit oder Risiko?

  1.  

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert